Uwe Altrock

Studentischer Wettbewerb „Mobilität und Kommunikation“ – Ein Bericht

1.  Einführung

Wenngleich durch die aktuelle Ausgabe der Planungsrundschau einmal mehr der Versuch gemacht wird, für eine „Verkehrswende“ zu werben oder wenigstens den Stand der wissenschaftlichen Debatte, der planerischen Praxis und der projektorientierten Experimente auf dem Weg dorthin zu dokumentieren, ist nicht von der Hand zu weisen, dass die deutsche Gesellschaft noch weit von ihr entfernt ist. Die moderate Schizophrenie, die in den Köpfen der meisten Verkehrsteilnehmer – also der Bürger, mich eingeschlossen – vorherrscht, zeigt die ganze Tragweite des Verkehrsproblems in individualisierter Form: Wasch’ mich, aber mach mich nicht nass, oder: Wir alle finden ja die Belastung durch die zunehmende Anzahl von Pkw schrecklich, so dass wir uns periodisch gegenseitig bekräftigend die Hände schütteln, wenn es darum geht, die Staus, die schlechte Luft, die Rücksichtslosigkeit der fahrenden wie der parkenden Autos usw. anzuprangern. Schnell sind wir uns einig, dass es ja totaler Quatsch sei, in der Großstadt mit dem Auto umherzufahren, weil man sich in ein unkalkulierbares Risiko des Steckenbleibens und der nervenaufreibenden Fahrt durch den metropolitanen Dschungel begebe. Auf der anderen Seite fahren wir zu einem großen Teil Auto und finden immer neue Ausreden – oder besser: legitime Gründe? – wie der Transport eines Gepäckstücks auf einem der vielen an einem Tag zurückzulegenden Wege, die Peinlichkeit von auf der Stirn stehenden Schweißperlen nach einer Fahrradfahrt zu einem beruflichen Termin usw., und: bei genauem Rechnen ist dann doch tatsächlich das Auto schneller! Gleichzeitig bringen wir es aufgrund unserer weltumspannenden beruflichen und privaten Verbindungen zu einer Flugverkehrs-Mobilität, die atemberaubend ist und uns ständig ein schlechtes Gewissen einjagen müsste.

Da offenbar nur wenige Personen Konsequenzen ziehen, viele aber entweder mit einem schlechten Gewissen permanent umzugehen wissen oder es einfach durch ihre gesammelten Gegenargumente niederhalten können, bleiben anscheinend vor dem Hintergrund der nicht zu erwartenden Verkehrswende nur zwei Wege: erstens der eines beharrlichen Umsteuerns in der Verkehrspolitik, dessen Fallstricke und Schwierigkeiten Markus Hesse in dieser Ausgabe zu erklären versucht, zweitens der einer Beeinflussung der Emotionen und Stimmungen von Verkehrsteilnehmern, die Juliane Martinius und Silke Ritter ansprechen. Über diese emotionale Herangehensweise wird die Verkehrsmittelwahl auch beeinflusst, und an dieser Stelle soll betont werden, dass es aus politischer Sicht überhaupt keine Rolle spielt, ob man nun den beiden bei ihrem impliziten Gedanken folgt, die rational-bewussten Gesichtspunkte der individuellen Verkehrsmittelwahl seien vielfach vorgeschoben oder nicht: Für eine nachhaltige Verkehrspolitik kommt es wesentlich darauf an, ob die vielfältigen Angebote dadurch einen nutzerseitigen Schneeballeffekt auslösen, dass die dazu gehörende positive Stimmung für deren Nutzung entsteht. Der vielzitierte Erfolg des „Karlsruher Modells“ ist sicherlich ein eindeutiger Beleg hierfür.

Nun sind Schritte auf dem Weg dorthin kaum von denjenigen Akteuren zu erwarten, die hin- und hergerissen zwischen unterschiedlichsten Wählerschichten, Nutzeranforderungen oder sensationssüchtigen Medien nur eine lauwarme Position entwickeln. Insbesondere dann, wenn bedeutende gesellschaftliche Organisationen in sich gespalten sind, werden sie keine klare Haltung „pro Verkehrswende“ ausbilden können. Dies gilt offenbar insbesondere für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die zwar über einen hervorragenden Grundstock von schienengebundenen Linien des öffentlichen Nahverkehrs verfügen und zusammen mit der Berliner S-Bahn ein riesiges und äußerst leistungsfähiges ÖPNV-Netz aufbieten, aber auf der anderen Seite ständig zur besseren Kostendeckung verpflichtet sind, intern die alte Anti-Straßenbahn-Haltung nachwirken spüren, Fahrpläne zwar kundengerecht auszubilden versuchen, dabei aber ständig andere Ziele im Hinterkopf haben – von den Einsparmöglichkeiten bis zur Systemoptimierung statt der Kundenfreundlichkeit. Ähnliche Beispiele ließen sich ergänzen, wie in Hamburg oder im Ruhrgebiet.

Also müssen Impulse von anderen Akteuren kommen. Das beachtliche Beispiel eines studentischen Wettbewerbs „Alternative Mobilität“, der von der Forschungsgruppe Mobilität & Medien (TU-Berlin, Institut für Stadt- und Regionalplanung) ausgelobt wurde, soll hier näher auf seine Möglichkeiten und Wirkungen hin befragt werden. Dabei geht es einerseits um die Vorstellung der Ergebnisse mit dem Ziel, zur Nachahmung anzuregen, aber andererseits auch um eine Einordnung in die verkehrspolitische Landschaft in der schwierigen deutschen Hauptstadt.

2.  Der Wettbewerb und sein Ergebnis

2.1  Aufgabenstellung und Organisation

Aufgabe des Wettbewerbs war es, Werbung für alternative Mobilität zu entwerfen. Eine positive, emotionale Umsetzung wurde als Schlüsselelement dafür gesehen, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln ein neues Image zu verleihen und damit auch das Verkehrsverhalten von Personen nachhaltig zu verändern, die im Allgemeinen nicht an Umweltschutz interessiert sind, für die vielmehr Konsum und Spaß im Mittelpunkt stehen. Alle Medien konnten dafür genutzt werden, so dass hier der zweite Preis – einem Video zuerkannt – nicht näher behandelt werden kann. Die Entwürfe sollten die öffentliche und politische Diskussion bereichern und Anregungen für eine umfassenden Werbekampagne für alternative Mobilität bieten. Dazu wurden deutschlandweit hauptsächlich Studierende der Medienstudiengänge angesprochen, die mit dem Bezug zur Großstadt ein Leitmotiv für eine dauerhaft angelegte breite Kampagne konzipieren sollten.

Die überdurchschnittlich konsumorientierte Zielgruppe, an die sich eine solche Kampagne richtet, hat kein explizites Interesse an Ökologie, ja er lehnt ökologische Botschaften sogar ab und hat dagegen eine hohe Affinität zu Werbung und Markenprodukten. Die Frage war also auch, ob es gelingen würde, alternative Verkehrsformen selbst wie eine „Marke“ zu platzieren und ähnlich hip wie Nike oder Adidas erscheinen zu lassen. Wenn das latent vorhandene ökologische Bewusstsein mit positiven Gefühlen besetzt werden könnte, so die These, dann würde der Gegensatz zwischen Konsumorientierung und Ökologie an dieser Stelle aufgehoben – der Konsument empfände dann einen „psychischen Nutzen“ aus seinem ökologischen Verhalten.

Der Wettbewerb wurde dank des großen Einsatzes der Organisator/inn/en von maßgeblichen Akteuren in der Verkehrsszene unterstützt, nämlich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der BVG, darüber hinaus auch von der TU Berlin. Diese Organisationen stellten auch einen Teil der Jury, die von Kommunikationsfachleuten ergänzt wurde.

Für die Jury stand natürlich die Originalität und Innovativität der Ideen mit im Zentrum der Bewertung. Nur durch eine möglichst neue Bildsprache, so die Auffassung, kann es gelingen, sich in der unübersichtlichen Vielfalt der Werbelandschaft abzuheben und für ein neues Image alternativer Mobilität auch neue „Bildmaßstäbe“ zu setzen. Welche Konsequenzen dies für die prämierten Ergebnisse haben könnte, war von vornherein nicht abzusehen. Im Folgenden sollen zunächst kurz die Sieger vorgestellt und dann vor dem dargestellten Hintergrund kommentiert werden.

2.2 Der 1. Preis: „Chantal und die BVG“ (Stefan König, Halle)

 

Abb. 1: Plakatentwurf von Stefan König

 

Die Jury schätzte den ersten Preis wegen seines frechen Tons und einer „ordentlichen Portion Selbstironie“ als sympathisch ein. Die witzigen und direkten Sprüche und die Grafik entsprächen dem Zeitgeist. Umstritten war zumindest unter den Beobachtern, ob die lasziven Motive, die insbesondere die immer noch mehrheitlich männlichen Autofahrer ansprechen sollten, eine zulässige Instrumentalisierung eigentlich ärgerlicher konventioneller Werbemethoden für das positive Anliegen darstellen. Mit Erfolg kann zumindest gerechnet werden, wie die sogenannte „Unterwäschekampagne“ der BVG (vgl. Artikel von Juliane Martinius und Silke Ritter in dieser Ausgabe) zeigt. Die Jury meinte, eine so starke Provokation, wie sie in den sexuellen Anspielungen liegt, sei Voraussetzung für eine breite Aufmerksamkeit in den Medien, auf die die BVG angewiesen sei.

Ohne weiter auf die Stärken und Schwächen des Preisträgers und deren Würdigung durch die Jury eingehen zu wollen, soll hier zumindest angemerkt werden, dass es – für die Berlinerinnen und Berliner bekanntermaßen – auch mit weniger heiklen Kampagnen möglich ist, als ineffizient geltenden öffentlichen Dienstleistern ein positiveres Image zu verleihen. Die Rede ist natürlich von der Berliner Stadtreinigung BSR, von der hier lediglich ein Plakat als Kontrast gezeigt werden soll.

 

Abb. 2: Plakat der BSR-Kampagne (1. Staffel, 1999)

2.3 Der 3., 4. und 5. Preis

 

Abb. 3: Plakatentwurf von Dagmar Ammon, Fürth (3. Preis)

 

Bei dem 3. Preis für den Entwurf „Logo“ zeigt sich, dass es auch etwas subtiler geht. Die Plakate verleihen der alternativen Mobilität immer noch eine positive Grundstimmung durch alltagsbezogene, aus dem Leben gegriffene Situationen, und mit ihrer Lockerheit sprechen sie vor allem eine jugendliche Zielgruppe direkt an. Die Jury hielt allerdings die Werbeaussagen der Plakate für ein wenig irritierend, überdies wurde die konventionelle Bildsprache kritisiert, obwohl die professionelle Qualität der Fotos und Werbeplakate insgesamt besondere gelobt wurden.

 

Abb. 4: Plakatentwurf von Dangy Bross, Felicitas Jauch, Stephen Kimpel aus Stuttgart (4. Preis)

Abb. 5: Plakatentwurf von Hagen Freigang aus Krefeld (5. Preis)

 

Der 4. Preis orientiert sich an dem Fernseh-Quotenknüller „Wer wird Millionär?” und spricht dadurch wohl eine große Bandbreite der Bevölkerung an. Die gute grafische Umsetzung der Idee und die ansprechenden Plakatmotive mit ihren überraschenden Details sowie ihren intelligenten Wortwitz wurden gelobt. Der Arbeit gelingt es, zum Nachdenken anzuregen, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass die Originalität der Idee schnell verloren gehen könnte. Auch die insgesamt sehr sachliche und rationale Ausstrahlung der textlastigen Plakate wurde von der Jury kritisiert, die sich stärker emotionale Elemente versprochen hätte.

Der 5. Preis wirbt auf sprachlich moderne Weise mit unterschiedlichsten Illustrationen für alternative Mobilität und stellt dabei viele verschiedene alternative Verkehrsmittel bis hin zu Rollerblades vor. Die Informationsdichte verhindert jedoch ein schnelles Erfassen der Aussage durch den Betrachter. Auch die geringe visuelle Spannung und der Mangel an Emotionalität wurden von der Jury kritisiert.

2.4 Einschätzung

Auf den ersten Blick lassen sich bereits einige Beobachtungen festhalten. Zunächst wurde den Organisator/inn/en spätestens durch das Ergebnis klar, dass ohne eine Zusammenarbeit von inhaltlicher Vorbereitung durch Planer und Ausführung durch Fachleute – und seien es auch nur angehende – für visuelle Kommunikation eine überzeugende Kampagne kaum zu machen ist. Wenngleich beispielsweise Architekten und Stadtplaner selbst geschult werden, ihre Botschaften erfolgreich zu vermitteln, handelt es sich insbesondere bei ihren zeichnerischen Darstellungen doch um so starke fachliche Kodierungen von Inhalten, dass ein virtuoser Umgang mit Plakatgestaltung mit Massenwirkung nur in Ausnahmefällen von ihnen zu erwarten ist. Ohne die von ihnen gelieferten Inhalte droht aber eine Kampagne schnell zu verflachen oder in eine konventionelle Richtung abzugleiten – nach dem Motto „noch ein gut gemeintes Plakat als Werbung für die BVG“. Der integrative und breite Ansatz, der bei der Förderung alternativer Mobilität erforderlich ist, kann wohl nur schwer durch einige wenige Plakate umfassend abgehandelt werden.

Der Zwiespalt, in den sich die Jury und damit auch die Vertreter einer maximalen Kommunikativität der Kampagne durch „Chantal“ brachten, offenbart weitere, nur ansatzweise im Rahmen des Wettbewerbs beobachtbare latente Konflikte: Wie viel zeitgeistige Ästhetik will ich mir erlauben, um für ein zeitloses und damit nicht an schnell wechselnde Moden gebundenes Thema wie alternative Mobilität zu werben? Wie stark darf ich „schlechte“ Mittel wie das Spiel mit Motiven, das der Eine als Ironie, die Andere aber vielleicht schon als Sexismus begreift, für mein „gutes“ Anliegen verwenden? Welche Kriterien sind dann anzulegen, lediglich solche der Werbebranche oder auch andere? Was ist überhaupt „positiv“ im Sinne der Kommunikation, nur das, was heitere Stimmung macht? Ist Schadenfreude oder Humor auf Kosten anderer dann etwas „positives“, weil es heitere Stimmung macht. Usw.

Zweifelsohne sind die prämierten Arbeiten von außerordentlicher Qualität. Das zeigen die hier abgebildeten Beispiele. Ganz egal, wie man zur Beurteilung der Jury steht, lässt sich doch ablesen, dass der Ansatz, positiv konnotierte Werbung für alternative Mobilität zu machen, vielversprechend ist und verblüffende, bislang kaum genutzte Möglichkeiten bietet, die weit über die konventionelle Werbung wie auch das Merchandising (und sei es von Unterwäsche) der öffentlichen Verkehrsträger hinausgeht.

3.  Wirkungen? Kommentare zum Umfeld

Die Potentiale, die durch eine Kampagne wie den studentischen Wettbewerb erschlossen werden können, sind beachtlich, wenngleich begrenzt. Es ist ja nicht so, dass auf einmal Hunderte von Einsendungen eingereicht worden wären. Die Realisierbarkeit der vorgeschlagenen Kampagnen stößt dann schnell an Hindernisse, die sich bereits in der begrenzten Wahrnehmung eines studentischen Wettbewerbs in der medial überfluteten Welt einer Dreimillionenstadt zeigen. Wenn die Idee der Mobilisierung zusätzlicher Ansätze in den Köpfen Verantwortlicher in der Stadtpolitik und der öffentlichen Verkehrsunternehmen ankommt, dann ist wohl bereits viel gewonnen.

Leider gilt ja in Berlin gerade die BVG als „unreformierbar“. Und die Krise des Landeshaushalts stellt wohl alles in Frage, was sich nicht außerhalb jeglicher Zweifel als Kernaufgabe definieren lässt. Schlechte Aussichten für eine Kampagne, die zunächst keinen echten Lobbyisten kennt – wer sollte alternative Mobilität schon zu seiner ureigenen Sache machen, der noch dazu in der Lage wäre, finanzielle Mittel in Größenordnungen zu bewegen und politisch dafür zu mobilisieren. So ist das harte Geschäft der Organisator/inn/en des Wettbewerbs auf viele kleine Tropfen angewiesen, die vielleicht irgendwann einmal den Stein höhlen (vgl. dazu den Beitrag von Markus Hesse in dieser Ausgabe). Schmerzhaft mussten sie erfahren, wie hartnäckig man am Alltag der öffentlichen Institutionen abprallen kann, und trotz allseits bekundeter Unterstützung dann wieder einmal die Initiative nicht in die Abläufe passt, irgendwelche Bedenkenträger auf den Plan treten oder sich alles im Sand verläuft.

Die Vorstellung des Wettbewerbs an dieser Stelle soll dazu anregen, weitere ähnliche kleine Schritte zu konzipieren, die dann in ihrer Gesamtheit vielleicht einmal zusätzliches Innovationspotential mit sich bringen könnten. Vor diesem Hintergrund erschien die Dokumentation des Wettbewerbs, der bereits vor einiger Zeit stattfand, im Rahmen dieses Themenschwerpunkts als sinnfällige Ergänzung der eher überblicksartigen wissenschaftlichen Abhandlungen wichtig.

4.  Einige Schlussfolgerungen

Aus der Konstruktion des Wettbewerbs lässt sich ablesen, welche Rollenverteilung für Innovationen in der Verkehrspolitik sorgen könnte: Während die Einbindung von Werbefachleuten unerlässlich für die Imagepflege ist, hat sich gezeigt, dass ein Zusammenwirken von Planern und den Trägern des öffentlichen Nahverkehrs sowie der öffentlichen Verwaltung die Konzepte hervorbringen könnte, die für einen Imagewandel im Bereich alternative Mobilität nötig sind. Erst durch die Konstruktion des Wettbewerbs waren Ideen hervorzukitzeln, die ansonsten gar nicht entstanden wären, da sie niemand bezahlt und niemand gefordert hätte. Manchmal wirkt es so, als seien die Hochschulen angesichts der Tatsache, dass im Verkehrsbereich kein Erkenntnisdefizit herrscht, nicht wirklich für Forschung erforderlich oder würden einseitig auf die Entwicklung von technikbezogenen Lösungen wie Verkehrsleitsystemen o.ä. festgelegt. Dass im Übergangsbereich von Planungspraxis und Forschung dagegen Verkehrs- und Stadtplaner eine wichtige Rolle spielen können, das hat der Wettbewerb eindrucksvoll belegt.

In einem zweiten Schritt wären sie gefordert, die notwendigen Durchsetzungsstrategien zu entwickeln. Es schließt sich die Frage an, wie nach einem postulierten Imagewandel z.B. der BVG in der Bevölkerung auch ein Imagewandel der Verkehrsleistung selbst innerhalb der BVG zu Wege zu bringen ist. Diese stärker managementbezogene oder organisationssoziologische Aufgabe könnte nach dem Scheitern einer Reihe von Reformversuchen evtl. auch einen ganz neuen Ansatz vertragen, der quergedacht aus der Hochschule kommen könnte. Der Erfolg des hier besprochenen Wettbewerbs sollte dazu Mut machen, dass sich auch hier Verkehrs- und Stadtplaner einschalten.

Auf der anderen Seite sind einige Beobachtungen angebracht, die ähnlichen Projekten und einer Förderung alternativer Mobilität über positiv-emotionale Kommunikation generell zu schaffen machen dürften:

 

·     Wer soll der Träger und Sponsor solcher Kampagnen werden, wenn sie nicht zu einer bloßen weiteren Facette von Werbung für den öffentlichen Nahverkehr verkommen sollen?

·     Wenn es die öffentliche Hand oder gar eine Bundeseinrichtung sein sollte, die ja wegen der erforderlichen Finanzmittel in Frage käme, wird dann eine solche Kampagne die Problematik von anderen Plakatserien wie derer der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erfolgreich bearbeiten, die beispielsweise in der Drogenpolitik kaum in der Lage ist, die verzwickten Strukturen von Drogenvertrieb und –konsum zu durchbrechen, also einfach zu sanft erscheint, und deren Erfolge in der Aids-Prävention nur schwer messbar sind – was bei gesellschaftlich umstritteneren Themen wie der Förderung der alternativen Mobilität leicht zu einer Unterminierung der politischen Unterstützung führen könnte?

·     Wie kann eine Kampagne „lokalisiert“ werden, also die spezifischen Bedingungen des Stadtverkehrs thematisieren, um die völlig unterschiedlichen Ausgangsbedingungen beispielsweise von Karlsruhe und Berlin zu adressieren?

·     Wie kann eine Kampagne „personalisiert“ werden, also Figuren des öffentlichen Lebens einbinden, die weder dadurch unglaubwürdig wirken, dass sie selbst ständig Auto fahren, noch dadurch, dass sie wegen ihres soeben aufgestellten Schwimm- oder sonst wie gearteten Weltrekords als zwar vorbildhafte, aber ein wenig außerhalb der Reichweite der Nachahmenswürdigkeit stehende Akteure wirken?

·     Wie ist zu erreichen, dass die Kampagne Verkehrsverhalten auch von nicht mehr ganz so jungen Menschen beeinflusst, die wohl hartnäckigste autoverkehrsmobile Gruppe in der Gesellschaft, oder mit anderen Worten, was muss die Kampagne erfüllen, damit sie nicht vorrangig zusätzliche Freizeitbeschäftigungen wie Rollerskaten etablieren, die aber dann wenig zur Vermeidung des MIV beitragen, sondern vor allem das gesellschaftliche Jugendlichkeits- und Sportlichkeitsideal bedienen und sogar unangemessenerweise schüren?

 

An den Wettbewerb knüpfen also eine ganze Reihe von schwierigen Fragen an – doch niemand hat auch ernsthaft behauptet, dass es sich bei dem Ansatz um den alleinigen und bereits ausgereiften Königsweg einer Lösung aller städtischer Verkehrsprobleme handeln würde. Genau hier sollte wieder das Nachdenken der Planer/innen einsetzen, die zwar die vorgestellten Kampagnen nicht ohne Werbefachleute ausarbeiten können, die aber dafür prädestiniert sind, wie im vorgestellten Beispiel die Vorarbeit für eine sinnvolle Einbindung in die Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik zu leisten und die Erfolgschancen positiv zu beeinflussen.