Uwe Altrock

Editorial

In der Musikbranche ist der zweite Hit immer der Schwierigste. Die Erwartungen nach dem ersten sind groß, und die Ideen, die man beim ersten Mal hatte, drohen sich schnell zu wiederholen – bis hin zum Stillstand. Nun muss die Planungsrundschau keine Charts erobern und über ihre mögliche Qualität wird man erst später urteilen, doch bietet sich der Vergleich dennoch ein wenig an. Die Kraft, die in die erste Ausgabe gesteckt wurde – die inzwischen auch in gedruckter Form vorliegt -, kann nicht beliebig reproduziert werden, irgendwie muss sich Routine in der Erarbeitung einstellen, ohne dass darunter die neue Ausgabe selbst leidet.

In diesem Sinne bin ich höchst erfreut, dass die erste Ausgabe zahlreiche Personen aus dem Spektrum der TU Berlin dazu ermuntert hat, Artikel für diese zweite Ausgabe beizusteuern. Das Ergebnis ist schon beinahe so etwas wie ein Themenheft, denn die aktuelle Frage der Wohnungspolitik in ostdeutschen Großsiedlungen wird in immerhin drei Beiträgen aus den verschiedensten Richtungen beleuchtet. Daran schließt sich eine Auseinandersetzung mit dem Thema Wasser in der Stadtplanung an, das derzeit in der Berliner Stadtentwicklungspolitik eine zwar nur selten öffentlich vernehmbare, aber nicht weg zu denkende Rolle spielt. Doch damit nicht genug: Inzwischen spiegelt sich ein breites Spektrum von Aktivitäten in der Planungsrundschau wider, die die Stadt- und Regionalplanung an der TU Berlin prägen.

In aller Ruhe wurde vor dem Hintergrund dieser erfreulichen Entwicklung überlegt, welche Schwerpunkte die dritte Ausgabe haben könnte. Doch die politische Entwicklung im Land Berlin hat inzwischen in ihrer Dynamik wohl alle überrascht. Der Bruch der Großen Koalition, der im Juni 2001 vollzogen wurde, erfordert eigentlich eine sofortige „Sonderausgabe" der Planungsrundschau. Doch es steht kaum zu erwarten, dass sich innerhalb kürzester Zeit die Hauptrichtungen der Stadtentwicklungspolitik in Berlin komplett verändern werden, auch wenn sich bereits ein härterer Sparkurs mit Verzicht auf einige der letzten „Heiligen Kühe" wie der sogenannten „Kanzler-U-Bahn" Unter den Linden andeutet. Zunächst wird also noch ein wenig Geduld erforderlich sein, um die Tragweite des politischen Umbruchs einschätzen zu können – zumindest bis nach den im Herbst zu erwartenden Neuwahlen. Dies gibt der Planungsrundschau die Gelegenheit, die vor dem politischen Umbruch weitgehend fertig gestellte Ausgabe 2 unabhängig davon abzuschließen und die aus der ersten Ausgabe stammende Serie von Interviews mit Angehörigen der Universität zu ihrer Einschätzung der Bildung einer „Senatsverwaltung für Stadtentwicklung" fortzusetzen.

Die dritte und vierte Ausgabe werden dann ganz im Zeichen zweier Themenschwerpunkte stehen, die für Berlin von erheblicher Bedeutung sind und angesichts des bevorstehenden politischen Neuanfangs aktueller denn je sind. Einer dieser Schwerpunkte ist die BerlinStudie, zu der vom Institut für Stadt- und Regionalplanung in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband SRL e.V. im Sommersemester 2001 eine Serie von Diskussionsveranstaltungen durchgeführt wurde, der zweite das Themenfeld „Alternative Mobilität", das unter Stadt- und Regionalplanern seit längerem Konjunktur hat.

Die vorliegende Ausgabe setzt dagegen die Konzeption der ersten zunächst fort. Dennoch haben sich im Laufe der Erarbeitung einige Änderungen ergeben – und die Redaktion ist für weitere Vorschläge jederzeit dankbar. Hierbei ist vor allem die Stärkung von forschungsorientierten und planungspraktischen Themen hervorzuheben, die sich allerdings damit erklären lässt, dass die vorliegenden Beiträge stark aus der Arbeit des Instituts gespeist sind. Die Beiträge zum Wohnen in Ostdeutschland haben ihren Ursprung in Diplomarbeiten am Institut für Stadt- und Regionalplanung sowie in der Architektur an der TU Berlin. Sie spannen den Bogen von der Situationsanalyse bis hin zur konzeptionellen Auseinandersetzung und ordnen sich in die inzwischen vielfältige und kontroverse planungspolitische Debatte um den Umgang mit schrumpfenden Städten ein, die derzeit insbesondere im Osten Deutschlands geführt wird.

Die planungstheoretischen Bezüge werden aber dennoch in einigen Artikeln deutlich, so dem von Christian Strauß über „Amphibische Stadtplanung", der den Versuch macht, Stadtplanung nicht nur unter Berücksichtigung der Standortqualitäten des Wassers in der Stadt zu betreiben, sondern auszuloten, welche Folgen es haben würde, sie konsequent aus dem Blickwinkel einer planerischen Optimierung von Wasserlagen zu denken. Es zeigt sich, dass dazu ein großer Aufwand von planerischen Konzepten erforderlich wäre, wobei deren Zwangsläufigkeit und Wirkung wohl erst noch zu diskutieren wäre. Der ergänzende Beitrag von Uwe Altrock über die Beziehung der Stadt Berlin zu ihren Wasserlagen versucht eine Konkretisierung. Er stellt den Nachdruck eines Artikels der Fakultätszeitschrift "Zone 7" dar, der bereits 1999 verfasst wurde. Obwohl die Beauftragung von Gutachten zu Wasserlagen durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung inzwischen deutlich gemacht hat, dass die Planung sich stärker und differenzierter den Standorten am Wasser zuwenden muss, erschien der Beitrag noch immer von hinreichender Aktualität, um eine ergänzende Sicht auf das Thema "Planen am Wasser" verkörpern zu können.

Mit der Fortsetzung von fachöffentlichen Positionen zum Programm der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird gewissermaßen unvorhergesehener Weise ein kritischer Ausblick auf die nun anstehende Neuformierung des Berliner Senats vollzogen. Die Einschätzungen in den Interviews mit Urs Kohlbrenner, Harald Bodenschatz und Rudolf Schäfer unterscheiden sich dabei durchaus beträchtlich und umreißen dennoch gemeinsam mögliche Perspektiven und Themenschwerpunkte eines neuen Senats.

Während Zusammenfassungen der Beiträge von Susan Fainstein und Geoff Vigar bzw. Patsy Healey den Blick auf das angloamerikanische Ausland richten, deutet sich in den darauf folgenden Beiträgen an, welche Richtung die planerische Forschung und Kooperation am ISR in den nächsten Jahren im internationalen Bereich noch einschlagen könnte. Der langfristige Ausbau des Studienangebots zu einem Schwerpunkt "Raumplanung im internationalen Kontext" steht noch aus, doch sind nichtsdestoweniger mannigfache Aktivitäten zu verzeichnen, über die auch die kommenden Ausgaben weiter berichten werden.